„Toleranz kann Intoleranz nicht integrieren!“
Tom Gerhardt (61) ist deutscher Komiker und Schauspieler. Über ein Jahrzehnt lang spielte er die Rolle des spießigen Dieter Krause in der Comedy-Serie „Hausmeister Krause – Ordnung muss sein“. Die Filme „Voll normaaal“ und „Ballermann 6“ lockten Mitte der 90er Millionen Besucher in die deutschen Kinos und haben bis heute Kultstatus. Aktuell erlebt die Kunstfigur Matthias Bommes in der Komödie „Ketten der Liebe“ von und mit Tom Gerhardt ihr Bühnencomeback. Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie, traf den Kultkomiker nach seiner Aufführung am ersten Weihnachtstag im Düsseldorfer „Theater an der Kö“.
Herr Gerhardt, unsere Generation ist in einer funktionierenden Demokratie aufgewachsen. Demokratische Werte sind für die meisten „Voll normaaal“! Was bedeutet Demokratie für Sie ganz persönlich?
Tom Gerhardt: O.k. Demokratie ist eine prima Staatsform, wenn wir an dem hehren Ideal festhalten wollen, dass weltweit alle Menschen die gleichen Rechte haben und mitsprechen dürfen. Natürlich kommt da nur was Vernünftiges raus, wenn die Menschen, die mitsprechen, auch vernünftig sind.
Demokratie ist eine prima Staatsform, wenn wir an dem hehren Ideal festhalten wollen, dass weltweit alle Menschen die gleichen Rechte haben!
Das ist leider nicht immer so. Und selbst wenn – es bringt auch dann nur was, wenn die gewählten Volksvertreter ebenfalls vernünftig sind. Das ist ja bekanntermaßen auch nicht immer so. Aber Herrgott! – was soll die Alternative sein?
„Ordnung muss sein“: Nach diesem Credo sorgte Hausmeister Krause stets für Sicherheit in seiner Siedlung. Wie denken Sie über die momentane Sicherheitsdebatte in Deutschland?
Tom Gerhardt: Tja… gerade habe ich gelesen, dass sich die Anzahl der „Gefährder“ in den letzten Jahren vervielfacht hat. Keine große Überraschung, wenn man neben den mehrheitlich wirklich Schutzsuchenden auch wahllos jeden mit ins Land trampeln lässt, der vorher vielleicht in Assads Armee Giftgas abgeworfen oder Schwule von Hochhäusern gestoßen hat. Oder fest daran glaubt, dass der Wert einer Frau irgendwo zwischen Mann und Hund anzusiedeln ist. Ich gebe zu: Das Aussortieren ist sehr schwierig. Aber man hätte es wenigstens versuchen können. Man muss ganz schön einen an der Waffel haben, um zu glauben, dass solche Freaks sich nach ein paar Monaten Demokratie-Kurs in friedvolle Bürger verwandeln.
Ich gebe zu: Das Aussortieren ist sehr schwierig. Aber man hätte es wenigstens versuchen können.
Ich weiß schon, dass das nur ein kleiner Prozentsatz ist: Aber der erfordert leider eine große Aufmerksamkeit. Denn eins ist sicher: Toleranz kann Intoleranz nicht integrieren.
Es ist ein wirklich schöner Gedanke, dass wir die Konflikte dieser Welt lösen können, indem alle Staaten, Kulturen und Ethnien miteinander verschmelzen. Ich fände es ja auch toll, wenn es nur klappen würde. Aber leider fallen dann nur die Feindseligkeiten zwischen den Staaten weg. Dafür toben sie sich dann innerhalb der Staaten aus. Und das sage ich, obwohl ich privat „Multikulti“ lebe – meine Familie ist über die ganze Welt verstreut.
Toleranz kann Intoleranz nicht integrieren!
Ich finde, ein Staat sollte eine Art „Club“ sein – offen durchaus für alle Planetarier – aber eben nicht offen für diejenigen, die die Clubregeln ablehnen, verachten oder sogar hassen. Ansonsten sind Offenheit und Toleranz einfach nur noch leere Worthülsen.
Die Meinungsfreiheit in Deutschland schützt auch Comedy. Was „dürfen“ Comedians alles sagen und gibt es Dinge, die Sie grundsätzlich nicht öffentlich thematisieren würden?
Tom Gerhardt: Der Clown darf sich traditionell viel herausnehmen. Aber ich wüsste nicht, warum Comedy das Recht haben sollte, persönlich verletzend zu werden.
Greift man eine bestimmte Person an und in ihr höchst privates Leben ein, ist das für mich „voll die Seuche“!
Über allgemeine Dinge oder Menschentypen kann man sich lustig machen. Greift man eine bestimmte Person an und in ihr höchst privates Leben ein, ist das für mich „voll die Seuche!“.
„Globa…wat?“ Als Hausmeister war die Globalisierung für Dieter Krause kein Thema – als freier Unternehmer scheiterte er hingegen gnadenlos. Wie denken Sie über Globalisierung und Protektionismus?
Tom Gerhardt: Ich bin kein Wirtschaftsfachmann, aber ahne: Als klassisches Exportland brauchen wir den Welthandel.
Man muss aufpassen, dass der sogenannte kleine Mann nicht vom „Global-Train“ überrollt wird!
Die Globalisierung schafft Möglichkeiten, so wie sie auch Konkurrenzdruck bringt. Und natürlich: Man muss aufpassen, dass der sogenannte kleine Mann nicht vom „Global-Train“ überrollt wird.
Der Grundstein für die Entwicklung von sozialer und emotionaler Kompetenz wird bereits im Kindesalter gelegt. Welche Werte liegen Ihnen bei der Erziehung Ihres Sohnes Rodrigo besonders am Herzen?
Tom Gerhardt: Die Botschaft lautet: „Der Beste bist Du für uns sowieso!“ Aber trotzdem: „Lernste was, dann kannste was, dann haste was, dann biste was…“ Und dabei nett bleiben wär auch schön. Aber das ist er sowieso. In der Pubertät sprechen wir uns wieder.
Aktuell erlebt die Kunstfigur Matthias Bommes in der Komödie „Ketten der Liebe“ ihr Bühnencomeback. Wie viel Wahnsinn braucht‘s, um diese Rolle überzeugend spielen zu können?
Tom Gerhardt: Matthias Bommes ist ein tragischer Clown – ein wahrer „Tollpatsch-Terminator“. Obwohl er eine Nervensäge sondergleichen ist, verzeiht man ihm sein unseliges Tun. Er ist die klassische „arme Wurst“. Dieser arme Tropf braucht ganz dringend Freundschaft und Anerkennung und versucht dieses Ziel durch tausend unselige Ideen und Taten zu erringen. Das geht regelmäßig schief und so ist man zwischen Mitleid und verzweifeltem Lachen hin- und hergerissen.
Herr Gerhardt, unsere letzte Frage ist stets eine private: Wie verbringen Sie den Jahreswechsel und was wünschen Sie sich für 2018?
Tom Gerhardt: Über den Jahreswechsel brauche ich mir keine Gedanken machen – wir spielen Silvester in Düsseldorf drei Shows in voller Länge hintereinander. Für das nächstes Jahr wünsche ich mir einen raschen Kanzler(innen)-Wechsel. Und – apropos Demokratie, dass wir Deutschen nicht immer so verbissen in unseren Diskussionen und Auseinandersetzungen sind.
Für das nächstes Jahr wünsche ich mir einen raschen Kanzler(innen)-Wechsel.
Churchill hat es einmal schön ausgedrückt: „Man hat die Deutschen entweder zu Füßen oder an der Gurgel.“ Das Herz liegt ja eigentlich dazwischen. O.k. – nicht nur das… Frohes neues Jahr!