„Wir sind sichtbarer geworden!“
Mit dem Hit „Die immer lacht“ gelang der gelernten Malerin und Lackiererin Kerstin Ott 2016 der Durchbruch. Und das eher zufällig als geplant. Sieben Jahre, vier veröffentlichte Alben und mehr als 1,7 Millionen verkaufte Tonträger später ist die 41-Jährige aus der Schlagerbranche nicht mehr wegzudenken. Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie, sprach mit Kerstin Ott über Demokratie, den Umgang mit LGBTQ-Menschen und die Frage, ob einer Frau, die immer lacht, auch mal zum Weinen zumute ist.
Frau Ott, schön, dass wir mit Ihnen über das wichtige Thema Demokratie sprechen dürfen. Mal ganz direkt gefragt: Welchen Stellenwert haben Demokratie und demokratische Werte für Sie ganz persönlich?
Kerstin Ott: Einen sehr hohen Stellenwert. Man sieht ja in anderen Ländern was Diktaturen mit Menschen machen.
Laut einer aktuellen und repräsentativen Bevölkerungsbefragung sehen 78,9 Prozent die Demokratie in Deutschland gefährdet. Wie ist Ihre Wahrnehmung? Müssen wir mehr gegen Extremismus oder Diskriminierung tun?
Kerstin Ott: Ich glaube, dass wir immer dazu verpflichtet sind, gerade sozial schwache Gegenden mehr zu fördern. Ich finde es sehr deutlich erkennbar, dass die Menschen unzufrieden sind und sich aus Frust oder Unwissenheit nach rechts orientieren. Diese Parteien arbeiten mit der Unsicherheit und der Angst der Menschen.
Eine Demokratie kennzeichnet immer auch die Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt und Identität. Sie selbst sind lesbisch. Hat sich der Umgang mit „LGBTQ-Menschen“ in Deutschland in den letzten Jahren verändert?
Kerstin Ott: Ja, hat er. Weil wir sichtbarer geworden sind. Zum einen, weil darüber gesprochen wird. Und sich die jungen Leute nicht mehr damit zufriedengeben, ihre Sexualität zwar leben zu dürfen, aber sie zu verstecken.
Stichwort „Geschlechtergerechte Sprache“: Sind Sie dafür, dass Medien sowie öffentliche Institutionen gendergerecht kommunizieren? Was halten Sie von Gender*sternchen, Gender:doppelpunkt, Gender_Gap oder Sprechpausen?
Kerstin Ott: Ich befinde mich damit noch in einer Auseinandersetzung mit mir selbst, um herauszufinden, ob ich es gut finde oder nicht. Ich kann die Frage deshalb noch nicht beantworten.
Auf Instagram folgen Ihnen über 170.000 Menschen, auf Facebook sogar 370.000. Welche Kommentare treffen Sie am meisten und was raten Sie Kindern oder Jugendlichen im Umgang mit sozialen Netzwerken?
Kerstin Ott: Ich rate Kindern und Jugendlichen darüber zu sprechen, wenn sie diskriminiert und bloßgestellt werden. Ich selbst mache das genauso und gehe teilweise auch rechtlich dagegen vor. Auch wenn das ein Fass ohne Boden ist. Die Politik versäumt auch hier wichtige Schritte. Es kann doch nicht sein, dass dieses Riesenmedium so unbeaufsichtigt bleibt und gänzlich frei von Strafverfolgung.
Ihre erfolgreichste Veröffentlichung – die Debütsingle „Die immer lacht“ – zählt zu den meistverkauften Singles in Deutschland. Wann war Ihnen in letzter Zeit eher zum Lachen, wann zum Weinen zumute?
Kerstin Ott: Zum Lachen ist mir immer, wenn ich draußen in der Natur unterwegs bin. Zum Weinen, wenn das Wetter durchgehend kalt ist.
Durch unsere letzte Frage wollen wir ein wenig mehr über Sie persönlich erfahren. Wie tickt der Mensch Kerstin Ott abseits der Bühne und gibt es ein kleines – oder großes – Geheimnis, welches Sie uns heute verraten möchten?
Kerstin Ott: Laut Duden bedeutet Geheimnis – etwas, was geheim bleiben soll … 😉