• 16. August 2021

Dirk Schmitz, Country Head Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock

„Wir stehen mit dem Klimawandel vor einer nie dagewesenen Herausforderung!“

Dirk Schmitz, Country Head Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock

Dirk Schmitz, Country Head Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock 150 150 Sven Lilienström

„Wir stehen mit dem Klimawandel vor einer nie dagewesenen Herausforderung!“

Mit rund 9,5 Billionen Dollar Anlegergeldern und 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 38 Ländern – darunter auch Deutschland – ist BlackRock der größte Vermögensverwalter der Welt. Seit Jahren macht sich BlackRock-CEO Larry Fink dafür stark, dass Unternehmen nicht nur gewinnorientiert denken, sondern auch mehr gesellschaftliche Verantwortung übernehmen sollten. Klimaschutz habe zudem „höchste Priorität“. Doch wie grün ist der „Schwarze Fels“ wirklich und wie groß ist dessen Einfluss auf Politik, Unternehmen und nicht zuletzt auf unsere Demokratie? Hierüber – und über vieles mehr – sprach Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie, mit Dirk Schmitz (50), Country Head Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock.

Dirk Schmitz, Vorstandsvorsitzender der BlackRock Asset Management Deutschland AG | © BlackRock

Dirk Schmitz, Vorstandsvorsitzender der BlackRock Asset Management Deutschland AG | © BlackRock

Herr Schmitz, Sie sind seit 2018 Deutschland-Chef von BlackRock. Was hat Demokratie mit Geldanlage zu tun, und welchen Stellenwert haben Demokratie und demokratische Werte für Sie ganz persönlich?

Dirk Schmitz: Demokratie und deren Werte sind wesentliche Pfeiler unserer Gesellschaft – in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt auch. Sie haben sich historisch bewährt und bilden die Voraussetzung für Freiheit, Gerechtigkeit, Inklusion und Chancengleichheit.

Um eine gerechtere Welt mit gleichen Chancen für mehr Menschen zu ermöglichen, gilt es, auch die finanzielle Inklusion zu fördern!

Hier zeigt sich der Brückenschlag zwischen Demokratie und Geldanlage: Um eine gerechtere Welt mit gleichen Chancen für mehr Menschen zu ermöglichen, gilt es, auch die finanzielle Inklusion zu fördern. Das beginnt beim Zugang zu einem Konto, der in manchen Entwicklungsländern nach wie vor nicht selbstverständlich ist. Und es betrifft ebenso die Altersvorsorgekrise, die auch bei uns und in anderen westlichen Industriestaaten eine große Herausforderung darstellt. Mit unserem ETF-Sparplan-Angebot leisten auch wir einen Beitrag zur Demokratisierung der Geldanlage in Deutschland. Bereits ab 1 Euro pro Monat bieten wir einen Zugang zum Kapitalmarkt und helfen so zahlreichen Sparern in Deutschland ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

Handelshemmnisse im Export nehmen zu – weltweit. Was tun, damit die Menschen die Globalisierung als Chance und nicht als Bedrohung sehen? Wie könnte Ihrer Meinung nach ein „ethischer Welthandel“ aussehen?

Dirk Schmitz: In erster Linie geht es darum, einen fairen Welthandel zu etablieren, der allen Parteien zugutekommt. Ein internationaler Handel, der globale Investitionen zu fairen Rahmenbedingungen ermöglicht, schafft Wachstum und Arbeitsplätze. Doch um weltweit den Kauf und Verkauf von Waren auf Augenhöhe (Level Playing Field) zu etablieren, brauchen wir einen regelbasierten Welthandel.

Eine der drängendsten Aufgaben ist es, das Welthandelssystem so aufzustellen, dass es zum Katalysator auf dem globalen Weg in Richtung einer klimaneutralen Zukunft werden kann.

Gleichzeitig stehen wir mit dem Klimawandel vor einer nie dagewesenen Herausforderung. Die globalen Bemühungen, das Klima zu schützen, fordern oft ein „Green Premium“, das kein Handelshemmnis werden darf. Eine der drängendsten Aufgaben ist es daher, das Welthandelssystem so aufzustellen, dass es zum Katalysator auf dem globalen Weg in Richtung einer klimaneutralen Zukunft werden kann.

Laut aktueller Opinium-Studie spielt Nachhaltigkeit für viele Deutsche auch bei der Geldanlage eine immer größere Rolle. Was ist „nachhaltiges Anlegen“ und welche Kriterien gelten bei nachhaltigen Investments?

Dirk Schmitz: In der Tat erkennen immer mehr Anleger, dass Nachhaltigkeitsrisiken auch Anlagerisiken sind. Viele sehen, dass die Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien in der Geldanlage zu besseren risikobereinigten Renditen führen kann.

Nachhaltiges Anlegen bedeutet, dass ökologische, soziale und auf die Unternehmensführung bezogene Aspekte berücksichtigt werden!

Nachhaltiges Anlegen bedeutet, dass ökologische, soziale und auf die Unternehmensführung bezogene Aspekte – auf Englisch: Environmental, Social und Governance, kurz ESG – berücksichtigt werden. Abhängig von individuellen Werten und Präferenzen des individuellen Anlegers steht eine breite Auswahl entsprechender Lösungen zur Verfügung. Es gibt beispielsweise „ESG Screened“-Ansätze, die Unternehmen aufgrund kontroverser Geschäftspraktiken in Bezug auf Umwelt- und soziale Kriterien sowie Aspekte der Unternehmensführung ausschließen. Ein anderes Beispiel ist „Impact Investing“. Neben einer finanziellen Rendite ermöglicht es auch eine messbare nachhaltige Wirkung.

In seinem diesjährigen Schreiben mahnt BlackRock CEO Larry Fink Unternehmen zu mehr Klimaschutz. Das Thema habe „höchste Priorität“. Lobenswert, aber mit einem Appell sparen wir noch kein CO2 ein, oder?

Dirk Schmitz: Die Erfahrung zeigt, dass wir mit unseren Appellen an die Unternehmen Gehör finden. Beispielsweise hat das Sustainability Accounting Standards Board (SASB) einen deutlichen Anstieg von Reportings im Sinne der von ihm definierten Standards bekanntgegeben, nachdem Larry Fink in seinem Brief an die CEOs im Januar 2021 zu mehr SASB-konformen Reportings aufgerufen hatte.

Wir hatten im Juli 2020 weltweit 244 Unternehmen identifiziert, die dem Management des Klimarisikos unserer Ansicht nach unzureichend Rechnung trugen.

Denn sie wissen, dass wir von Natur aus langfristig orientiert sind. Unser Investment Stewardship Team pflegt einen regelmäßigen Austausch mit den Unternehmen, in die wir im Auftrag unserer Kunden investieren. Zum Beispiel hatten wir im Juli 2020 weltweit 244 Unternehmen identifiziert, die dem Management des Klimarisikos unserer Ansicht nach unzureichend Rechnung trugen. Von diesen Unternehmen machten ca. 65 Prozent binnen eines Jahres nennenswerte Fortschritte.

Schattenmacht BlackRock: Was sagen Sie den Menschen, die davon überzeugt sind, BlackRock sei zu mächtig, ihre Risikoplattform „Aladdin“ zu marktbeherrschend? Wie groß ist der Einfluss auf Politik und Unternehmen?

Dirk Schmitz: Wir nehmen das sehr ernst und arbeiten daran Missverständnisse in diesem Zusammenhang aufzuklären. Um unser verwaltetes Vermögen ins richtige Verhältnis zu setzen: Asset Manager verwalten der Beratungsgesellschaft BCG zufolge weltweit rund 103 Billionen Dollar (Stand: Ende 2020). BlackRocks Anteil daran beträgt rund acht Prozent. Gleichzeitig haben die fünf größten Fondsgesellschaften weltweit zusammen genommen knapp über 20 Prozent Marktanteil. Das zeigt, dass wir weit von einer Machtkonzentration entfernt sind.

Aladdin ist gewissermaßen mit Excel zu vergleichen, wo Kunden ihre eigenen Formeln eintragen, um damit zu rechnen!

Was unser Risikoanalyse- und Anlageverarbeitungssystem Aladdin angeht, so stellen wir Kunden damit eine Plattform zur Verfügung. Wie Kunden diese nutzen und befüllen, ist individuell verschieden. Insofern ist Aladdin gewissermaßen mit Excel zu vergleichen, wo Kunden ihre eigenen Formeln eintragen, um damit zu rechnen. Das Programm schreibt ihnen jedoch nicht das Rechenergebnis vor.

Schon vor Ihrer Zeit bei BlackRock hatten Sie leitende Positionen bei der Deutschen Bank und Morgan Stanley inne. Was genau fasziniert Sie an Ihrer Tätigkeit? Was macht den Kapitalmarkt so spannend?

Dirk Schmitz: Der Kapitalmarkt begeistert mich, seit meine Eltern mir im Alter von 13 Jahren meine erste Aktie schenkten. Faszinierend finde ich erstens, dass Menschen über die Märkte am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens teilhaben können – auch mit vergleichsweise kleinen Summen. Zweitens die Vielseitigkeit der Märkte, die für unterschiedliche Anlegertypen und Anlageziele passende Instrumente und Zugänge bieten – von klassischen Aktien und Anleihen bis hin zu Privatmarktanlagen.

Der technologische Fortschritt wird als Wettbewerbsfaktor immer wichtiger, wenn es um den Anlageerfolg geht.

Und drittens, wie der technologische Fortschritt als Wettbewerbsfaktor immer wichtiger wird, wenn es um den Anlageerfolg geht – zum Beispiel, weil er über Datenanalysen Informationsvorsprünge liefern kann. Das betrifft beispielsweise Investitionen unter Berücksichtigung des Klimawandels.

Herr Schmitz, gerne möchten wir noch etwas Persönliches über Sie erfahren: Wo trifft man Sie – außer zuhause – am ehesten ohne Anzug an und was haben Sie sich mit BlackRock für die nächsten Jahre vorgenommen?

Dirk Schmitz: Vorgenommen haben wir uns vor allem drei Dinge: Erstens wollen wir noch mehr Menschen zu finanziellem Wohlergehen verhelfen. Dazu gehört, mehr Menschen von den Vorteilen privater finanzieller Altersvorsorge zu überzeugen und auf neue Lösungen in diesem Bereich aufmerksam zu machen. Zweitens wollen wir, nachdem wir Nachhaltigkeit zu unserem Investmentstandard gemacht haben, unser Angebot an nachhaltigen Anlagelösungen weiter ausbauen. Denn es zeigt sich, dass diese zu besseren Anlageergebnissen führen können.

Wir wollen dazu beitragen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland dank moderner Infrastruktur zukunftsfähig bleibt!

Drittens wollen wir dazu beitragen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland dank moderner Infrastruktur zukunftsfähig bleibt – etwa indem wir Unternehmen gerade auch über die Privatmärkte Kapital zur Verfügung stellen. Zwischendurch nehme ich mir unter anderem Zeit, joggen zu gehen – gern auch in einem der Frankfurter Stadtparks. Hierfür tausche ich gerne den Anzug gegen ein T-Shirt. Im Fußballstadion trifft man mich im Trikot meines Lieblingsvereins.

Vielen Dank für das Interview Herr Schmitz!

S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein„Freihandel ist kein Nullsummenspiel, sondern existenziell!“»
Karl Nehammer, Bundeskanzler der Republik Österreich„Wir müssen daran arbeiten, der Demokratie wieder ein positiveres Bild zu geben!“»
Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU Deutschlands„Dafür bin ich diesem Land unendlich dankbar!“»
Mathias Cormann, OECD Secretary-General“We need to make globalisation work better for people!”»
Dirk Ippen, Verleger„Wir müssen weiter mutig unsere Meinung schreiben!“»
Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung„Wir müssen für die Demokratie kämpfen!“»
S.K.H. Großherzog Henri von Luxemburg„Wir sollten uns immer bewusst sein, welch Privileg es ist, in einer Demokratie zu leben!“»
Olha Stefanishyna, Deputy Prime Minister of Ukraine“A Strong Sense of the Importance of Democracy Runs in Our Blood!”»
Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend„Wehrhafte Demokratie muss nach innen und außen verteidigt werden!“»
Ron Prosor, Botschafter des Staates Israel in Deutschland„Die Feinde unserer offenen Gesellschaften dürfen nicht entscheiden, wie wir miteinander leben!“»
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