• 20. Januar 2025

Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG

„Da darf man nicht dünnhäutig sein!“

Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG

Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG 150 150 Sven Lilienström

„Da darf man nicht dünnhäutig sein!“

Russlands Angriffskrieg markiert eine Zeitenwende – auch in Sachen Sicherheitspolitik. Ist Deutschland derzeit „voll verteidigungsfähig“? Wie können wir unsere Demokratie besser vor Bedrohungen aus dem In- und Ausland schützen? Und vor allem: Was wird uns unsere Freiheit in Zukunft kosten? Über diese und weitere Fragen sprach Sven Lilienström, Gründer der Initiative Gesichter der Demokratie, mit dem Vorsitzenden des Vorstands der Rheinmetall AG Armin Papperger. Für den 61-Jährigen steht außer Frage: „Die Politik hat eine große Aufgabe zu lösen!“ Über seine eigene Sicherheit als Spitzenmanager von Deutschlands größtem Rüstungskonzern sagt er, man dürfe nicht dünnhäutig sein.

Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG | © Rheinmetall

Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG | © Rheinmetall

Herr Papperger, seit nunmehr zwölf Jahren stehen Sie an der Spitze von Deutschlands größtem Rüstungskonzern – der Rheinmetall AG. Was bedeuten für Sie Demokratie und demokratische Werte ganz persönlich?

Armin Papperger: Die Würde jedes Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Herkunft, Geschlecht oder anderen Merkmalen, steht für mich über allem.

Die Würde jedes Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Herkunft, Geschlecht oder anderen Merkmalen, steht für mich über allem!

Und der zweite Wert, der für mich ganz besonders wichtig ist, ist die Freiheit. Die Religions-, Presse-, Meinungs- oder auch die Berufsfreiheit sind keine Selbstverständlichkeiten. Sie müssen beschützt und verteidigt werden, besonders in Zeiten wie diesen.

Antidemokratische Positionen erreichen zunehmend die Mitte der Gesellschaft, etablieren sich dort und stellen unsere Demokratie vor neue Herausforderungen. Stellt sich die Frage: Müssen wir die Demokratie besser schützen?

Armin Papperger: Ich glaube ja. Deshalb war es zum Beispiel gut und richtig, das Bundesverfassungsgericht besser gegen politische Vereinnahmung zu schützen. Hier haben sich die Parteien der Mitte zusammengerauft und klug gehandelt.

Auch die Meinungsfreiheit ist elementarer Bestandteil unserer Demokratie. Hier könnten wir uns manches Mal etwas mehr Gelassenheit leisten.

Gleichzeitig müssen wir als Gesellschaft aufpassen, nicht übers Ziel hinauszuschießen. Ich habe die Meinungsfreiheit erwähnt. Auch sie ist elementarer Bestandteil unserer Demokratie. Hier könnten wir uns manches Mal etwas mehr Gelassenheit leisten.

Russlands Angriffskrieg markiert auch eine Zeitenwende in Sachen Sicherheitspolitik. Ist Europa – und insbesondere Deutschland – derzeit „voll verteidigungsfähig“? Was wird uns unsere Freiheit in Zukunft kosten?

Armin Papperger: Auf einen Angriff Russlands, den Experten in wenigen Jahren für möglich halten, sind wir nicht vorbereitet. In diesem Sinne sind weder die Bundeswehr noch die Armeen unserer Verbündeten derzeit kriegstüchtig. Allein bei der Munition dürfte es noch rund zehn Jahre brauchen, bis die Lager wieder gefüllt sind. Um den Bedarf auch bei der Flugabwehr, den Fahrzeugen oder der Digitalisierung des Gefechtsfelds zu decken, dürften künftig eher drei oder mehr Prozent vom Bruttoinlandsprodukt als Verteidigungsausgaben nötig sein.

Letzten Endes muss es also entweder ein neues Sonderbudget, Änderungen an der Schuldenbremse oder Umschichtungen geben, was sehr schwierig sein dürfte.

In Deutschland wären das dann etwa 120 Milliarden Euro. Wenn Sie sehen, dass wir heute bei 51 Milliarden Euro stehen, fehlt uns da sehr viel Geld. Letzten Endes muss es also entweder ein neues Sonderbudget, Änderungen an der Schuldenbremse oder Umschichtungen geben, was sehr schwierig sein dürfte. Hier hat die Politik eine große Aufgabe zu lösen.

US-Präsident Donald Trump schlägt vor, die NATO-Ausgaben auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen. Das wären über 4.000 Leopard-Panzer mehr – alleine für die Bundeswehr. Wird die Auto-Nation Deutschland jetzt zur „Panzer-Nation“?

Armin Papperger: Für mich persönlich ist Deutschland schon immer eine Panzer-Nation. Aber im Ernst, bei fünf Prozent würde der deutsche Bundeshaushalt fast zur Hälfte aus Verteidigungsausgaben bestehen. Können Sie sich das vorstellen? Zudem wären die Kapazitäten der Industrie heute nicht ansatzweise auf derartige Stückzahlen ausgelegt. Die Autoindustrie ist da völlig anders aufgestellt. Wenn wir aber zum Beispiel über logistische Fahrzeuge reden, dann hat Rheinmetall durchaus eine Kapazität von über 4.000 Trucks pro Jahr. Auch das sind keine Straßenroller, sondern militärische Fahrzeuge.

Grundsätzlich bräuchte es für eine Fließband- oder Roboterfertigung gewaltige Investitionen und Aufträge so groß wie in Russland.

Die Produktion in unserem Werk in Wien ist einer Automobilproduktion sehr ähnlich. Im Bereich der taktischen Fahrzeuge, gemeint sind vor allem Rad- und Kettenpanzer, können wir rund 1.000 Systeme pro Jahr produzieren. Wir orientieren uns dabei am Bedarf unserer Kunden. Deshalb haben wir im Bereich des Panzerbaus in Ungarn und in Australien Kapazitäten aufgebaut und machen das künftig auch in Italien. Den Bedarf in Deutschland muss die Bundeswehr definieren. Grundsätzlich bräuchte es für eine Fließband- oder Roboterfertigung aber gewaltige Investitionen und Aufträge so groß wie in Russland. Dann sind wir auch in der Lage, Werke auszubauen, so wie wir es bei der Munition gezeigt haben.

In einem Interview sagten Sie kürzlich, dass Sie einer Vielzahl von Bedrohungen – von Schmierereien bis hin zu Brandanschlägen – ausgesetzt sind. Hat sich der gesellschaftliche Diskurs in den letzten Jahren radikalisiert?

Armin Papperger: Mit Bedrohungen muss ich und müssen auch andere Kollegen in meiner Branche leider schon lange umgehen. Da darf man nicht dünnhäutig sein. Im Zuge der hybriden Kriegsführung, die wir mittlerweile erleben, ist die Bedrohung jetzt noch größer geworden. Dennoch fühle ich mich sehr sicher. Die Bundesrepublik Deutschland und das Land NRW tun wirklich viel dafür.

Ich habe den Eindruck, dass es für eine zunehmende Zahl von Menschen nur noch schwarz oder weiß gibt!

Was den gesellschaftlichen Diskurs angeht, so nimmt die Polarisierung seit Jahren zu. Ich habe den Eindruck, dass es für eine zunehmende Zahl von Menschen nur noch schwarz oder weiß gibt. Die Bereitschaft zuzuhören und ein besseres Argument auch mal gelten zu lassen, nimmt dagegen ab. Diese Entwicklung erfüllt mich mit Sorge.

Nach Ford und Walmart hat nun auch Meta die Beendigung seiner DEI-Programme angekündigt. Ein „Vorbild“ auch für deutsche Konzerne? Wie fest und geschlossen steht Rheinmetall hinter seinem Diversitätsversprechen?

Armin Papperger: Vielfalt und Antidiskriminierung bleiben Kernbestandteile unserer Corporate Governance. Denn bei Rheinmetall arbeiten weltweit mehr als 30.000 Beschäftige an über 170 Standorten.

Wir schulen unsere Belegschaft im Umgang mit Vielfalt und unterstützen sie in ihrer täglichen Arbeit, zum Beispiel beim Thema Chancengleichheit.

Natürlich gibt es in einem Unternehmen dieser Größe unterschiedliche Geschlechter, Generationen und Kulturen. Wir wollen, dass alle diese Menschen bei uns ihr volles Potential entfalten können. Deshalb schulen wir unsere Belegschaft im Umgang mit Vielfalt und unterstützen sie in ihrer täglichen Arbeit, zum Beispiel beim Thema Chancengleichheit.

Vielen Dank für das Interview Herr Papperger!

Armin Papperger, Vorsitzender des Vorstands der Rheinmetall AG„Da darf man nicht dünnhäutig sein!“ Russlands Angriffskrieg markiert eine Zeitenwende – auch in Sachen Sicherheitspolitik. Ist Deutschland derzeit „voll verteidigungsfähig“? Wie können wir unsere Demokratie besser vor Bedrohungen aus dem In- und Ausland schützen? Und vor allem: Was wird uns unsere Freiheit in Zukunft kosten? Über diese und weitere Fragen sprach Sven Lilienström, Gründer […]»
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